«Der Einzelne und seine Einsamkeit, die keine ist» – Über Selbstsuche, Selbstoptimierung, Selbstbetrug und Selbstfindung.
Von modernen, gemeinschaftsstiftenden Ansätzen dank Søren A. Kierkegaard
Nach 1848 und 1850 kam es im Jahr 1854 zu einer dritten Cholera-Epidemie in der Hauptstadt Kopenhagen, in welcher in vier Monaten der Epidemie von den 130’000 Einwohnern der Stadt 7’219 angesteckt wurden, von denen 1’737 starben. Nach einer längeren Pause schrieb der stadtbekannte Søren A. Kierkegaard (1813-1855) in sein Notizbuch: «Die Bedeutung der Cholera liegt in der Richtung, die Menschen darin einzuüben, dass sie Einzelne sind, was weder Krieg noch andere Nöte tun, die sie eher zusammenscharen; aber Pest zersplittert in Einzelne, lehrt sie – leiblich –, dass sie Einzelne sind.» (SK GW 1, Tagebücher Band V, S. 260)
So wollen wir in unserer Zeit entdecken, was es tiefgründig heisst, Einzelne zu sein und was «Einsamkeitsfähigkeit» (Alexander Grau) wirklich ist. Wir werden dabei sehen, dass es bei „Einsamkeit» weniger um sozialen Abstand, aber mehr um eine innere Gemeinschaft geht, um das Einssein mit sich (ansonsten es auch keine gute Gemeinschaft mit Anderen geben kann). Modernes Verständnis kann etwa im Artikel «Einsamkeit: der unerkannte Killer» von Anne-Françoise Allaz in der Schweizerischen Ärztezeitung (SÄZ 2021;102(3):108) gefunden werden. Das «Gefühl der Einsamkeit ist laut BFS ‹der subjektive Ausdruck eines Mangels an sozialen Ressourcen oder eines Bedürfnisses nach zusätzlichen oder anderweitigen sozialen Kontakten.› (BFS 2019)» Sie schreibt, wir stünden «an vorderster Front» und dürften «aus medizinischen und humanistischen Gründen dieser unbequemen Thematik nicht ausweichen.»